Das Minderheitengeschlecht bei der Betriebsratswahl

Männlich, weiblich, divers: Der Umgang mit dem dritten Geschlecht bei der Berechnung der Mindestsitze im Betriebsrat

Sie sind als Wahlvorstand verpflichtet bei der Aufteilung der Sitze im Gremium das Minderheitengeschlecht zu berücksichtigen.

Nach § 15 Abs. 2 BetrVG steht dem Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit vertreten ist eine bestimmte Anzahl an Mindestsitzen im Betriebsrat zu..

Durch diese Regelung können Sie als Wahlvorstand auch schnell Fehler bei der Durchführung der Wahl machen, die gravierende Folgen haben. Wenn die Anzahl der auf das Minderheitengeschlecht entfallenden Betriebsratssitze im Wahlausschreiben falsch angegeben wird, verstößt dies gegen das gesetzlich vorgeschriebene Wahlverfahren und berechtigt somit zur Anfechtung der Betriebsratswahl.

Also seien Sie immer achtsam, wenn es um die Verteilung der entsprechenden Mindestsitze aufgrund der Minderheitenvertretung geht.

Wie Sie dabei korrekt vorgehen und im Hinblick auf das dritte Geschlecht umgehen, zeigt der nachfolgende Beitrag:

Die Berechnung der Mindestsitze:

Die Berechnung der Mindestsitze erfolgt nach dem sog. d`Hondtschen-Verfahren. Nach diesem Verfahren müssen Sie ermitteln, wie hoch die Quote der Mindestsitze ist. Dabei teilen Sie die Anzahl der im Betrieb vertretenen Frauen und Männer nacheinander durch 1, 2, 3 usw. Auf diese Weise ermitteln Sie so viele Höchstzahlen, wie Sitze im Betriebsrat zu vergeben sind. Anschließend ermitteln Sie, wie viele Höchstzahlen jeweils auf die einzelnen Geschlechter entfallen und stellen damit die Quote der Mindestsitze fest.

Beispiel:
Sind wie in den 9 Betriebsratssitze zu vergeben und beschäftigt der Betrieb 160 Männer und 90 Frauen, sieht die Berechnung wie folgt aus:

160 Männer90 Frauen
/1 = 160 (1)/1 = 90 (2)
/2 = 80 (3)/2 = 45 (5)
/3 = 53,3 (4)/3 = 30 (8)
/4 = 40 (6)/4 = 22,5
/5 = 32 (7)/5 = 18
/6 = 26,6 (9)/6 = 15

Die Zahlen in Klammern kennzeichnen die Höchstzahlen in der Reihenfolge eins bis neun.

Auf die Gruppe der Frauen entfallen drei Höchstzahlen. Damit steht nach der Höchstzahlberechnung fest, dass die in der Minderheit vertretenen Frauen mindestens drei Sitze im Betriebsrat erhalten. Ist die niedrigste noch zu berücksichtigende Höchstzahl für beide Geschlechter gleich hoch, ist durch Los zu entscheiden. Die so errechnete Anzahl der auf das Geschlecht in der Minderheit entfallenden Mindestsitze im Betriebsrat ist zwingend im Wahlausschreiben  anzugeben. Eine fehlende oder falsche Angabe führt zur Anfechtbarkeit der Wahl.

Als Wahlvorstand müssen Sie im Wahlausschreiben den Anteil der Geschlechter im Betriebsrat mit dem Hinweis bekannt geben, dass das Geschlecht in der Minderheit entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein muss.

Berücksichtigung des dritten Geschlechts bei der Betriebsratswahl

Mit Beschluss vom 10.10.2017 hat das BVerfG klargestellt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität derjenigen schützt, die dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind (drittes Geschlecht). Der Gesetzgeber hat daraufhin das Personenstandsgesetz entsprechend abgeändert und dementsprechend besteht die Möglichkeit, sich als „divers“ im Personenstandsregister eintragen zu lassen (sog. „dritte Option“).

Eine entsprechende Anpassung der Vorschriften zur Betriebsratswahl bzw. eine Klarstellung, wie damit bei der BR-Wahl umzugehen ist, erfolgte jedoch nicht.  Die Frage die sich dadurch aufdrängt ist: Muss der Wahlvorstand bei der Feststellung des Minderheitengeschlechts auch dem dritten Geschlecht angehörende Mitarbeiter berücksichtigen?

In der Praxis wird diese spannende Rechtsfrage nur selten auftreten. Dass in einem Betrieb so viele dem dritten Geschlecht zugehörende Mitarbeiter beschäftigt sind, dass nach den oben dargestellten Berechnungsregeln eine Höchstzahl auf sie entfällt, ist nur in Ausnahmekonstellationen denkbar. Gleichwohl ist es wünschenswert, dass der Gesetzgeber die angesichts der Entscheidung des BVerfG nunmehr zu Unsicherheiten führenden geschlechtsbezogenen Wahlvorschriften im BetrVG und der Wahlordnung anpasst und klarstellt, wie die die personenstandsrechtliche Anerkennung des dritten Geschlechts im Rahmen der geschlechterspezifischen Wahlauswertung zu berücksichtigen ist.